Veranstalter:
Datum der Veranstaltung:
15-16 Apr 2026
BUS2BUS
15-16 Apr 2026

On-Demand und MaaS: Die Weichenstellung für den ÖPNV

On-Demand und MaaS stellen den ÖPNV neu auf: Flexibel und digital ergänzen sie den Linienverkehr, verbessern Reichweite, Nutzerfreundlichkeit und Effizienz – und sichern die Zukunft des Systems.

Eine Hand hält ein Smartphone mit geöffneter On-Demand-ÖPNV-App vor einem gelb-blauen Stadtbus, während ein Fahrgast gerade einsteigt.

Mit einem Klick den Bus rufen: Die On-Demand-App verknüpft digitale Buchung mit flexiblem Nahverkehr direkt vor der Haustür. (Copyright: Adobe Stock)

Die Busbranche steht mitten in einer Strukturreform. Zwei Trends bestimmen die Agenda: On-Demand-Verkehre als flexible Ergänzung zum Takt – und Mobility-as-a-Service (MaaS) als digitale Klammer für Planung, Buchung und Bezahlung. Beide Entwicklungen sind kein Selbstzweck, sondern Instrumente, um Verlässlichkeit, Flächenabdeckung und Kosteneffizienz im ÖPNV gleichzeitig zu erhöhen.

Die Abbildung zeigt drei Ansichten der Mobilitäts-App Jelbi – eine Kartenübersicht, den Startbildschirm und eine Routenplanung. (Copyright: Jelbi)

Mobilitäts-App Jelbi

On-Demand: Vom Projekt zur Betriebsschiene

Der klassische Linienverkehr bleibt das Rückgrat: planbar, kapazitätsstark, wirtschaftlich auf Hauptachsen. Doch in Randzeiten, auf der „letzten Meile“ und im ländlichen Raum entstehen Kosten, die nur durch On-Demand-Shuttles gezielt gelöst werden können. Entscheidend ist nicht „Entweder-oder“, sondern die hybride Orchestrierung: Linien als Grundversorgungsnetz, On-Demand als elastische Zubringer- und Randzeit-Schicht, eingebettet in Dispositions- und Tariflogik des Verbunds.

Aktuelle Beispiele zeigen die Richtung:

Leipzig FLEXA ist aus dem Pilotmodus herausgewachsen und knackte 2025 die Marke von 1 Mio. Fahrgästen – ein Indiz, dass On-Demand als dauerhafte Betriebsschiene funktionieren kann. MDV

• Im RMV bündelt die neue OnDemand@RMV-App die bedarfsorientierten Angebote netzweit; parallel läuft mit KIRA der nächste Technologieschritt: Level-4-Shuttles als öPNV-Zubringer im Testbetrieb. RMV

• In Berlin hat die BVG mit BVG Muva einen klar abgegrenzten, barrierearmen On-Demand-Dienst etabliert – mit Fokus auf Mobilitätseingeschränkte und Zubringerfunktionen zum Netz. BVG Muva

• Im britischen Hertfordshire zeigt HertsLynx, wie DRT strukturschwache Räume mit hunderten virtuellen Haltepunkten sinnvoll erschließen kann. HertsLynx

Herausforderungen bleiben: Betriebssteuerung (Pooling-Algorithmen, Fahrerdisposition), Schnittstellen zu Leitstellen, Tarifintegration samt Einnahmenaufteilung – und vor allem Regulierung & Vergabe: On-Demand muss rechtssicher als Teil des ÖPNV bestellt und finanziert werden, statt im Graubereich zwischen Linien- und Gelegenheitsverkehr zu verharren.

MaaS: Kundenschnittstelle entscheidet über Akzeptanz

MaaS skaliert nur, wenn Bus, Bahn und Sharing-Dienste in einer App plan-, buch- und bezahlbar sind – inklusive Verbundtarif und Bestpreislogiken. Erfolgreiche Beispiele setzen auf offene Schnittstellen und klare Betreiberrolle der öffentlichen Hand:

BVG Jelbi bündelt ÖPNV und Sharing in einer App – Berlinweit mit Routenplanung, Buchung und Payment; fünf Jahre nach Start zeigt das Angebot stabile Reife. JelbiTrafi

hvv switch in Hamburg integriert Ticketkauf (inkl. Deutschlandticket), MOIA-Shuttle, Car- und E-Scooter-Sharing; mit hvv Any kommt Account-/Bestpreis-Ticketing per Check-in/Be-out in den Regelbetrieb. HVV

LeipzigMOVE verknüpft Verbundticketing, FLEXA-Buchung sowie Bike-/Car-/E-Scooter-Sharing – ein gutes Beispiel für die durchgängige Nutzerführung aus einer App des Aufgabenträgers. LeipzigMOVE

Junge Frau mit Smartphone an einer Bushaltestelle; im Hintergrund fahren blaue Stadtbusse.

Per Smartphone checkt eine Nutzerin an der Haltestelle ihre nächste Verbindung – so fühlt sich Mobility as a Service im Alltag an: einfach, vernetzt, unterwegs. (Copyright: Adobe Stock)

Doch nicht immer sind diese Modelle erfolgreich. Das finnische Startup „Whim“ hatte schon 2015 On-Demand Dienste als Ergänzung um Nahverkehr in Helsinki angeboten. Doch die Abo-Flatrate-Modell ohne tiefe Integration in Verbundtarife, ohne klare Einnahmenteilung und ohne starken öffentlichen Auftraggeber ist schwer tragfähig. Folge: Das Unternehmen musste 2024 Insolvenz anmelden. Für die Branche ist das eher Kurskorrektur als Abgesang: MaaS bleibt, aber mit öffentlicher Governance, interoperablen Standards und realistischen Geschäftsmodellen. frost.com

Daten & Standards: Stillarbeit, die den Unterschied macht

Operativ entscheidend sind Realtime-Datenqualität, einheitliche Produkte (Account-based Ticketing, Bestpreis), sowie offene Protokolle für Sharing-Integration und Reiseplanung. Wer heute in IT-Schnittstellen zu Sharing und in einheitliche Kundenkonten investiert, schafft die Grundlage für verlässliche Kundenerlebnisse – und für belastbare KPIs (Pünktlichkeit, Umstiegsqualität, Door-to-Door-Zeit).

3–5-Jahres-Ausblick: Vom Showcase zur Skalierung

1. On-Demand wird Bestandteil des Regelfahrplans. Erwartbar ist die Ausweitung auf Randzeiten & dünne Räume, mit klaren Qualitätskennzahlen (max. Wartezeit, Anschlusssicherung, Auslastung). Autonome Shuttles bleiben zunächst testfeldgebunden, können aber punktuell die Kostenstruktur verbessern, wenn Sicherheits- und Rechtsrahmen greifen.

2. MaaS konsolidiert sich.Statt vieler Einzel-Apps setzen große Verbünde auf eine starke Marke/App mit Ticketing, Bestpreis und Sharing – die Kundenschnittstelle bleibt öffentlich, kommerzielle Partner docken über standardisierte APIs an. Beispiele wie Jelbi, hvv switch oder LeipzigMOVE zeigen die Architektur.

3. Tariflogik wird einfacher, digitaler. Account-based Modelle und Check-in/Be-out setzen sich durch; Bestpreisabrechnung wird zum Erwartungsstandard – wichtig für Gelegenheitsnutzer und Touristen. Hamburg liefert hier bereits Blaupausen.

4. Beschaffung & Vergabe bewegen sich zu leistungsorientierten Verträgen (Output-KPIs statt Fahrzeug-/Kilometerfixierung). Das stärkt integrierte Angebote, die Linien- und On-Demand-Leistungen aus einem Guss erbringen.

Fazit

Die nächsten Jahre sind weniger eine Frage neuer Apps als der Betriebsintegration. Wer On-Demand systematisch in den Linienbetrieb einbettet, wer die Kundenschnittstelle im öffentlichen Mandat hält und wer Daten-/Ticketing-Standards sauber umsetzt, gewinnt. Der Bus bleibt Rückgrat des Systems – On-Demand macht ihn reichweitenstärker, MaaS macht ihn sichtbarer. Der Rest ist Disziplin: Datenqualität, Vergabehandwerk, API-Pflege.

Busunternehmen, Geteilte Mobilität, Verkehrsinfrastruktur

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