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Umrüstung von Bussen mit Verbrennungsmotor zum Elektrobus im Lichte des BMDV-Förderstopps

Der Rote Renner

Der Rote Renner fragt Experten zur Wirtschaftlichkeit von Umrüstung vs. Neuanschaffung.
Ein Gastbeitrag von Sebastian Glinski, stellvertretender Chefredakteur von „Der Rote Renner“.

Die Förderung von Bussen mit alternativen Antrieben des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) ist nach der dritten Förderrunde Anfang des Jahres 2024 ausgelaufen. Zwar werden bereits bewilligte Förderprojekte ausfinanziert, doch sind weitere Förderprogramme von Seiten des Bundes bis auf Weiteres nicht geplant. Die bisherigen Förderungen umfassten neben der Anschaffung von Neufahrzeugen auch die Umrüstung von fossil angetriebenen Bussen zu Batterie- oder Brennstoffzellenbussen. Vor diesem Hintergrund hat Der Rote Renner bei Nutzfahrzeug-Umrüstern und E-Mobilität-Experten nachgefragt, wie sie die Wirtschaftlichkeit der Umrüstung im Vergleich zur Neuanschaffung und die zukünftige Nachfrage im Segment einschätzen.

Ein umgerüsteter, roter MAN-Dieselbus der DB-Regio-Tochter Autokraft im Einsatz. Auf der Außenanzeige ist „Now Electric“ zu lesen.

Im Projekt »PilUDE« wurde ein MAN-Dieselbus der DB-Regio-Tochter Autokraft zu einem Batteriebus umgebaut. Mitte 2020 ging der bundesweit erste von Diesel- auf Elektroantrieb umgerüstete Bus in den regulären Einsatz auf verschiedenen Linien um Niebüll in Schleswig-Holstein.

Umrüstung vom Dieselbus zum Batteriebus

Die Umrüstung von Diesel- zu Batteriebussen bleibt für Andreas Pfeffer, Geschäftsführer der »to zero electric vehicles GmbH« eine gute Alternative zur Neubeschaffung. Sie sei günstiger, nachhaltiger und schneller, zugleich habe sie ökologische Vorteile. Vor dem Förderstopp konnte die mit rund 270.000 Euro veranschlagte Umrüstung zu 80 Prozent gefördert werden, doch bestand ein Problem laut Pfeffer darin, dass viele Umrüstungen in der Realität nicht gefördert worden seien. So gesehen habe man das Förderregime als Hemmnis für das Umrüstungsgeschäft bezeichnen können.

Die geöffnete Motorhaube eines umgerüsteten Linienbusses gibt den Blick auf die Batterie frei.

Blick auf die Batterie des umgerüsteten Busses im Projekt »PilUDE«. Das Umrüst-Konzept hatte die »I SEE Electric Busses GmbH« entwickelt. Andreas Pfeffer war einer von zwei Geschäftsführern der I See Electric Busses GmbH.

Umrüstung vom Verbrenner-Bus zum Wasserstoffbus

Auch die Umrüstung auf den Wasserstoffantrieb ist möglich, entweder als Brennstoffzellen-Fahrzeug mit Batterie oder durch die Umrüstung des fossilen Verbrennungsmotors zu einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Letzterer, erklärt Jürgen Nadler, Chief Marketing Officer der Keyou GmbH aus München, habe den Vorteil, dass man keine Batterie brauche und auf dem vorhandenen Dieselmotor aufbauen könne. Das Tanksystem, derzeit noch Kostentreiber im Hinblick auf das Gesamtfahrzeug, müsse getauscht bzw. umgerüstet werden. Allerdings könnten sich die TCO (Total Cost of Ownership) beim Wasserstoff-Verbrennungsmotor bei einer Umrüstung in Großserie auf Dieselniveau bewegen. Nadler erwartet daher, dass durch die entfallene Förderung »die Karten neu gemischt« würden und auch das Umrüsten/Retrofitting im Busbereich interessant werden könnte, wobei sich Keyou jedoch zunächst auf die Lkw-Umrüstung konzentriere.

Umrüstung vom Verbrenner-Bus zum E-Bus aus Expertensicht

Dr. Lena Beckmann, Director PSM Battery, eTM & SI bei Webasto, weist auf ein verändertes Umfeld im Umrüstgeschäft hin: »Viele Umrüster haben ihre Aktivitäten, Busse zu elektrifizieren, zuletzt reduziert oder haben sich ganz zurückgezogen. Wir sehen bei Webasto eine Verschiebung hin zum OEM-Geschäft, da viele Fahrzeughersteller mittlerweile selbst eine Vielzahl an elektrischen Bussen anbieten.«

Maximilian Rohs, Director, Infrastructure & Mobility, PwC Germany, erwartet, dass »das Ausbleiben der Bundesförderung den Preiswettbewerb für neue E-Busse anheizen« dürften. Gleichzeitig nimmt er an, dass beim Retrofitting Skaleneffekte nur bedingt die Preise reduzieren werden, weshalb sich die Preislücke zwischen Retrofitting und Neubeschaffung weiter schließen dürfte. Darüber hinaus bestünden weitere Herausforderungen für die Umrüstung, wie beispielsweise Altersvorgaben für Fahrzeuge in Ausschreibungen.

Christina Granitz, Project Managerin und Truck-Expertin bei Berylls Strategy Advisors, schätzt die Nachfrage nach Retrofitting als gering ein. Der Grund hierfür läge darin, »dass Förderungen Investitionsmehrausgaben bei der Beschaffung neuer Busse adressieren« und deswegen »die Umrüstung aus Betreibersicht keine finanziellen Anreize« böte. Auch bei der Betrachtung des TCO seien laut Granitz elektrische Neufahrzeuge wegen ihrer Effizienz attraktiver. Durch die CO2-Gesetzgebung würden die Hersteller »zu einem Push ‚sauberer Fahrzeuge‘ in den Markt« gezwungen. Sie erwartet, dass wir das Retrofitting »nur durch den Einsatz von Erdgas oder Wasserstoff am Verbrennungsmotor selbst erfahren«.

Fazit

Die Bus-Umrüstung auf den elektrischen Antrieb ist durch den Förderstopp des BMDV nicht passé, jedoch dürften »die Karten neu gemischt« werden. Während E-Mobilität-Experten dem Umrüstgeschäft weiterhin höchstens ein Nischendasein prophezeien, sehen Anbieter von Umrüstungen hier mehr Potenzial. Laut dem Batterie-Umrüster »to zero« könnte die zuvor nur in Ausnahmefällen bewilligte Förderung gar als Hemmnis bezeichnet werden und man erwarte nun mehr Auftragseingänge. Der Wasserstoff-Umrüster »Keyou« konzentriert sich zunächst auf den Bereich Lkw, sieht aber auch Potenzial im Bus-Bereich. Entscheidend dürfte die Entwicklung der Preisdifferenz zwischen Umrüstung und Neubeschaffung von E-Bussen sein und auch, ob Aufgabenträger umgerüstete Busse in Ausschreibungen zulassen.

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