Gastbeitrag: Wasserstofftankstellen für Busse - Im Westen viel Neues!
Im Westen entsteht Deutschlands Hotspot für Wasserstofftankstellen: Neue Anlagen in Köln, Düsseldorf

Freuen sich über den nächsten Schritt bei der Umsetzung der REVG-Wasserstoffbusstrategie: v.l. Benedikt Glorius (Spedition Freund), Andreas Noky (Messer SE), REVG-Aufsichtsratsvorsitzender MdL Gregor Golland, REVG-Geschäftsführer Walter Reinarz, Solaris-Bus-Deutschland-Geschäftsführer Christian Goll, Rhein-Erft-Kreis-Landrat Frank Rock, Regina Böhmer (Vorsitzende der REVG-Gesellschafterversammlung), REVG-Geschäftsführer Martin Gawrisch und Alexander Döres (Spedition Freund). (Copyright: Claus Bünnagel)
Ein Gastbeitrag von Claus Bünnagel, Chefredakteur busplaner
Der Rhein-Erft-Kreis hat bereits im Jahr 2019 beschlossen, zukünftig auf lokal emissionsfreie Wasserstoffbusse zu setzen. Bis Ende Juni 2025 wurden in einer ersten Tranche 26 Solaris Urbino 12 hydrogen mit jeweils einer 70-kW-Ballard-Brennstoffzelle bei der REVG Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft mbH beschafft. Die Investition wurde noch vor dem Anfang 2024 umgesetzten Förderstopp für E- und Wasserstoffbusse vom Bundesverkehrsministerium mit 7,48 Mio. Euro bezuschusst. Das entspricht mit ca. 288.000 Euro pro Fahrzeug ungefähr den Mehrkosten der Brennstoffzellenbusse gegenüber entsprechenden Dieselpendants. REVG-Geschäftsführer Walter Reinarz beziffert diese auf rund 300.000 Euro pro Einheit. Geplant ist auch die Anschaffung von sieben H2-Gelenkbussen. Zusammen sollen sie sukzessiv Dieselfahrzeuge mit auslaufenden Leasingverträgen ersetzen.
Mit 500-bar-Speicherung
Für die wachsende Wasserstoffbusflotte ist natürlich auch eine adäquate Tankstelleninfrastruktur erforderlich. Auf dem REVG-Betriebshof an der Röntgenstraße in Kerpen, am südwestlichen Stadtrand von Köln, entstand daher bis Oktober 2024 eine Tankstellenanlage der benachbarten Spedition Freund. Diese verfügt über einen 900-bar-Hochdruckspeicher samt Kühlsystem (für bis zu −40 °C), einen 500-bar-Niederdruckspeicher und einen allein 1,5 Mio. Euro teuren Verdichter. Der Hochdruckspeicher kann zwar nur 15 kg H₂-Treibstoff liefern, aber auch die Pkw-Flotte der REVG mit 700-bar-Wasserstoff versorgen. Theoretisch ließen sich über ihn auch die Busse betanken. Diese werden jedoch eher per Niederdruckspeicher versorgt, der 50 kg aufnehmen kann.
Um aber in Zukunft vorwiegend abends nach Rückkehr der Busse von ihren Umläufen alle 20 Minuten einen Bus tanken zu können, muss die Anlieferung des Wasserstoffs per Trailer durch die Messer SE aus Krefeld ausgeweitet werden. Das Unternehmen ist der weltweit größte Spezialist für Industrie-, Medizin- und Spezialgase in Privatbesitz.
Bislang liefern zwei Trailer pro Tag 200-bar-verdichteten Wasserstoff, der vor Ort auf 350 bar gebracht werden muss. Ein Trailer fasst 300 kg, damit können 13 Busse versorgt werden, also ca. 23 kg pro Bus. Bei einem Verbrauch von 7 bis 8 kg/100 km reicht das für 290 bis 330 km. Das entspricht in etwa dem Umfang vieler Tagesumläufe bei der REVG. Die fünf Typ-4-Tanks auf dem Dach der Solaris-Brennstoffzellenbusse haben ein Volumen von 1.560 l und können bis zu 37,5 kg Wasserstoff fassen. Somit lassen sich auch die 400 km der höchsten Tagesumläufe beim rheinischen Verkehrsunternehmen realisieren.
Künftig kommen sogar 380-bar-Trailer zum Einsatz. Sie können jeweils eine Tonne Wasserstoff transportieren. Zudem muss der Treibstoff für die Busse nicht mehr verdichtet werden. Um auch die künftigen H2-Lkw der Spedition Freund zu versorgen, wären drei solcher 40-t-Trailerzüge im Einsatz: Einer wäre jeweils bei der vier bis fünf Stunden dauernden Befüllung, einer wäre unterwegs und einer stünde auf dem REVG-Betriebshof an der Tankstelle.
Bislang liefert die Messer-Gruppe den Wasserstoff von ihrer Erzeugungsanlage auf dem Firmengelände von Rain Carbon in Castrop-Rauxel. Anfang Juli 2025 erfolgte jedoch der Spatenstich für eine H2-Anlage mit einem 10-MW-Elektrolyseur im Brainergy Park Jülich. Die Anlage soll im November ihren Betrieb aufnehmen. Die Elektrolyseurtechnik liefert die NEA Group aus Übach-Palenberg. Die Messer SE übernimmt wiederum die Speicherung und den Vertrieb des aus Photovoltaikstrom erzeugten Wasserstoffs.
Bei der REVG geht man bislang von Wasserstoffkilopreisen im Bereich zwischen den handelsüblichen 14 und 18 Euro aus. Wenn jedoch perspektivisch Großelektrolyseure mit 25 MW Leistung eingesetzt werden können, erwartet man in Frechen Kilopreise von 9 bis 10 Euro, zuzüglich Vertrieb und Lieferung.
Europas größte Wasserstofftankstelle
Nur unweit rheinabwärts von Köln hat H2 Mobility Ende Mai 2025 die größte Wasserstofftankstelle Europas in Düsseldorf offiziell eröffnet. Seit Anfang August ist sie in Betrieb. Sie wurde über das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP, Phase II, 2016–2026) des Bundesverkehrsministeriums mit 4,3 Millionen Euro gefördert. Insgesamt hat die Anlage rund 7 bis 7,5 Millionen Euro gekostet.
Ihr Standort am Höherweg im Osten der Stadt ist kein Zufall, denn ab 2026 soll die Wasserstoffversorgung über einen 2-MW-PEM-Elektrolyseur der Stadtwerke Düsseldorf erfolgen. Der Strombedarf des Elektrolyseurs wird von der benachbarten Müllverbrennungsanlage gedeckt. Der Strom soll zu 50 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen stammen und somit als Grünstrom zertifiziert sein. Aktuell liefert Air Liquide den Wasserstoff noch per 380-bar-Trailer von seinem Elektrolyseur in Oberhausen.
Der wichtigste Kunde der öffentlichen H2-Mobility-Tankstelle ist die Düsseldorfer Rheinbahn mit ihrem nahen Betriebshof Lierenfeld. Sie setzt bislang 20 Solaris Urbino 12 hydrogen auf der Linie 732 ein und will ihre H2-Flotte kurz- bis mittelfristig auf rund 30 Einheiten aufstocken. Die Anlage verfügt über drei Dispenser mit insgesamt sechs Zapfsäulen, die alle gleichzeitig im Einsatz sein können. Hier kann Wasserstoff mit 350 bar (für Busse und Lkw), 700 bar (für Pkw) sowie 500 bar, der auf −20 °C abgekühlt werden muss, getankt werden. Letzteren gibt es in einer Test- und Pilotphase zum Preis von 350-bar-Wasserstoff. Aktuell werden an der Düsseldorfer Tankstelle Preise zwischen 13,55 Euro/kg (350 und 500 bar) und 15 Euro (700 bar) aufgerufen. Allerdings muss man bei H2 Mobility einräumen, dass dies Werte nahe dem Einkaufspreis sind. Die gesamte Anlage ist so ausgelegt, dass sie täglich 2 bis 5 Tonnen Wasserstoff an die Kundinnen und Kunden abgeben kann. Allein die 30 Rheinbahn-Brennstoffzellenbusse kommen dabei bereits auf eine tägliche Abnahmemenge von rund 750 Kilogramm.
Zwei Tankkonzepte für ein Unternehmen
Das Tankkonzept der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) und der Stadtwerke Hürth, die als Pioniere im Bereich der Wasserstoffmobilität im ÖPNV gelten, ist ganz anders ausgelegt. Dabei verfolgt die RVK zwei unterschiedliche Konzepte. Die beiden neuen H2-Tankstellen in Mechernich und im Bergisch Gladbacher Stadtteil Moitzfeld werden vom Verkehrsunternehmen selbst in den eigenen Depots gebaut und betrieben. Sie sind mit 2-MW-Elektrolyseuren ausgestattet, um Strom aus Wind- und PV-Anlagen für die eigene Wasserstoffproduktion zu nutzen.

Freuen sich über den Tankstellenzuwachs bei der RVK und den Stadtwerken Hürth: v.l. RVK-Geschäftsführer Dr. Marcel Frank, Kathryn Wunderle (Business Development Manager Germany bei Air Products), Dr. Katrin Ischinsky (Marketing bei Air Products) und Jürgen Wiethüchter (Center-Leiter Mobilität bei den Stadtwerken Hürth). (Copyright: Claus Bünnagel)
Anders ist der Fall bei den Tankstellen in Meckenheim und Hürth gelagert, wo künftig deutlich mehr Fahrzeuge versorgt werden müssen als in Moitzfeld und Mechernich. Hierfür werden Grundstücke genutzt, die von den beiden Städten an die RVK und die Stadtwerke Hürth mit der Maßgabe verkauft wurden, dass auch andere Nutzer – von kommunalen Betrieben über Speditionen und Busunternehmen bis hin zu Privatpersonen mit Pkw – auf die Wasserstofftankstellen zugreifen können. Nach dem Ausschreibungsverfahren hat Air Products als Pächter der jeweiligen Grundstücke den kompletten Prozess verantwortet – von den Genehmigungsverfahren über den Bau bis hin zum künftigen Betrieb und zur Belieferung der öffentlich zugänglichen Tankstellen mit Wasserstoff. Dies ist eine schlüsselfertige und elegante Lösung für die RVK und die Stadtwerke Hürth.
Die Konzeption der beiden neuen Tankstellen in Meckenheim und Hürth unterscheidet sich grundlegend vom bisherigen RVK-Betriebshoftankmodell. Der Wasserstoff wird von Air Products aus eigenen Quellen und über neue 640-bar-Trailer bereitgestellt. Diese Versorgungslösung macht eine Verdichtung des Wasserstoffs auf 350 bar überflüssig, da der Wasserstoff aus dem Trailer direkt durch Überströmen in die Zapfsäule gelangt.


