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Gastbeitrag: Batterietechnologie von morgen

Die Elektromobilität steht kurz vor ihrem absoluten Durchbruch auch im Pkw-Massenmarkt, das dürfte selbst dem letzten Zweifler mittlerweile klar sein. Vor allem die Fortschritte in der Batterietechnologie in den vergangen fünf Jahren sind beachtlich. Der Batterieriese CATL hat Mitte 2019 bekanntgegeben, dass seine nächste NMC-523-Zellgeneration (523 = fünf Anteile Lithium, zwei Anteile Kobalt und drei Anteile Magnesium) eine Energiedichte von 304 Wh/kg aufweisen soll. Zudem möchten die Chinesen mittelfristig auf NMC-811-Zellen wechseln, die einen geringeren Anteil des kritischen Rohstoffs aufweisen (811 = acht Anteile Lithium und jeweils ein Anteil Magnesium und Kobalt). Diese dürften mit 300 Wh/kg eine ähnlich hohe Energiedichte aufweisen. Das Duo Panasonic und Tesla soll den Kobaltanteil bereits aktuell auf 3 % gedrückt haben.

Kobaltfreie Zellen

Der aus dem chinesischen Autobauer Great Wall hervorgegangene Batteriezellenhersteller Svolt Energy Technology geht noch einen Schritt weiter. Er hat erstmals seine kobaltfreie Lithium-Ionen-Zelle (NMx) sowie die Vier-Elemente-Lithium-Ionen-Zelle (NMCA) vorgestellt. Bei der NMx-Zelle sollen die Materialkosten sogar um 5 bis 15 % und die Stückkosten der Zellen um bis zu 5 % sinken. Die NMCA-Zellen sollen die NCM-811-Zellen ebenfalls in vielen Bereichen übertreffen. Sie weisen laut Svolt eine höhere Lebensdauer auf, haben eine bessere Hitzebeständigkeit und sollen sicherer sein, was sich auf Batterieebene in einer gesteigerten Kapazität bei verbesserter Haltbarkeit und Sicherheit niederschlagen soll. Bei NMCA-Kathoden wird der üblichen Mischung aus Nickel, Kobalt und Mangan noch Aluminium hinzugefügt. Der Nickelanteil kann dabei auf bis zu 90 % anwachsen, was den Anteil umstrittener Materialien wie Kobalt weiter senken würde.

Steigende Energiedichten im Busbereich

Auch im Busbereich steigt entsprechend die Energiedichte der Zellen und verändert sich die Zellchemie. So kann der hessische Batteriespezialist Akasol, der Lieferant u.a. für Daimler Buses und Volvo Buses ist, bereits Module mit einer Kapazität von 33 kWh liefern. Sie besitzen somit eine Energiedichte von rund 143 Wh/kg. Dabei wird es natürlich nicht bleiben: Schon ab 2021 kommt die dritte Generation mit Rundzellen auf den Markt, die dann 50 kWh pro Pack bietet. Sollte dies vom – nun gestiegenen – Batteriegewicht her möglich sein, könnte der Mercedes-Benz eCitaro bei nur leicht erhöhtem Bauraum dann rund 600 kWh an Akkukapazität mitführen, was ihm eine Mindestreichweite von 240 km ermöglicht. Außerdem können die Batterien dann mit Leistungen von bis zu 500 kW geladen werden. Mit einer kurzen Zwischenladung – etwa über Ladeschienen auf dem Dach am invertierten Pantografen – lassen sich so Tagesumläufe von mehr als 300 km erzielen. Das Problem Reichweite dürfte sich also schon in wenigen Jahren auch für den Überlandbereich von selbst erledigen. Allerdings bedarf das Thema Gewicht noch entsprechender Lösungen, indem etwa die weiter steigende Batterielast im Boden des Busses untergebracht wird, was eine Karosserie Leichtbauweise ermöglicht – wie es aktuell schon Proterra und Ebusco praktizieren.

Die Elektromobilität nimmt dank großen Fortschritten in der Batterietechnik langsam Fahrt auf. Unser Bild zeigt einen Volvo-Elektrobus bei der Zwischenladung in Göteborg. Foto: Bünnagel

Die nächste Akasol-Batteriegeneration mit Rundzellen ermöglicht Akkukapazitäten von 600 kWh und Reichweiten von minimal 250 km. Foto: Akasol AG

Der Ebusco 3.0 ist ein reiner E-Bus ohne „Diesel-Gene“. Foto: Bünnagel

Zukunft Feststoffbatterien?

Noch mehr Potenzial dürften Feststoffbatterien mitbringen. Der eCitaro wird wahlweise bereits in Kürze damit ausgestattet sein. Die Experten sind sich allerdings sicher, dass fortschrittliche Festkörperakkus erst ab ca. 2025 zu erwarten sind. Mit ihnen steigt die Energiedichte noch einmal bedeutend an. Hier werden die Flüssigkeiten durch Feststoffelektrolyte ersetzt, die höhere Spannungen und Betriebstemperaturen aushalten. Deshalb lassen sich Feststoffakkus schneller auf- sowie entladen und speichern mehr Energie pro Gewichtseinheit.

Ihr Inneres besteht hauptsächlich aus dem festen Elektrolyten, einem Lithium- und Phosphorsulfid. Darin eingebettet sind kleine Zinnkugeln mit einem Durchmesser von etwa 30 Mikrometer – halb so dick wie ein menschliches Haar. Wird die Batterie aufgeladen, lagern sich Lithium-Ionen in die Zinnkügelchen ein. Das Problem: Das Lithium zwängt sich dabei in die Gitterstruktur des Zinns. Das Volumen der Kugeln wächst und sie dehnen sich aus. Dadurch zerreißt das umliegende Elektrolytmaterial. Die entstehenden Risse behindern dann die Lithium-Ionen bei ihrer Bewegung durch den Elektrolyten, was die Leistungsfähigkeit des Feststoffakkus deutlich schmälert.

Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI in Villigen in der Schweiz haben die mechanischen Vorgänge in Feststoffbatterien allerdings nun so genau wie noch nie beobachtet. Sie stellten fest, dass sich die Batterie beim Entladen quasi selbst repariert. Wenn die Lithium-Ionen wieder aus den Zinnkugeln herauswandern, schließen sich die Risse im umliegenden Elektrolyten. In einem nächsten Forschungsschritt geht es nun darum, andere Elektrolytmaterialien zu finden, die weniger stark auf die Ausdehnung der Zinnkugeln reagieren.

Der Austausch des flüssigen Elektrolyts durch festes bietet noch weitere Vorteile. Denn durch seinen Einsatz lassen sich Lithium-Metall- statt graphitbasierter Anoden realisieren. Das würde große Fortschritte bei der Energiedichte ermöglichen. Zugleich ließe sich der Energieeinsatz bei der Produktion verringern und damit die CO2-Bilanz drastisch verbessern. Denn die Trocknung ist heute ein aufwändiger und energieintensiver Prozess. Dieser wäre zumindest anodenseitig überflüssig, wenn feste Elektrolyte verwendet werden, weil Lithium-Metall als Folie vorliegt. Dass auch die Giftigkeit reduziert werden kann, kommt dazu.

Dass man auf diesem Weg dem Ziel langsam näherkommt, zeigen erste Erfolge beispielsweise des kalifornischen Zellherstellers TeraWatt Technology. Das Unternehmen gab Mitte August bekannt, dass man einen Festkörperakku geschaffen habe, der eine Energiedichte von 432 Wh/kg erreicht. Zum Vergleich: Die derzeit fortschrittlichsten Panasonic-Batterien im Tesla Model 3 bringen es auf 247 Wh/kg. Zunächst sollen die Festkörperakkus in Unterhaltungselektronik zum Einsatz kommen, mit dem Modell Tera 4.0 und 500 Wh/kg dann auch in Fahrzeugen.

Elektrifizierung von Reisebussen

Von der Batterieentwicklung lässt sich in den nächsten Jahren also noch sehr viel erwarten. Angesichts künftiger Energiedichten von 500 Wh/kg und mehr ist jetzt schon abzusehen, dass noch im kommenden Jahrzehnt auch Reisebusse elektrifiziert werden dürften. Denn bei einem Batteriegewicht von dann nur 2 t ließen sich also Reichweiten von mindestens 400 km erzielen. Da der Fahrer nach viereinhalb Stunden ohnehin eine 45-minütige Pause machen muss, könnten in dieser Zeit die Batterien auf mindestens 80 % ihrer Kapazität gebracht werden. Denn auch in der Ladetechnik gibt es natürlich keinen Stillstand.

So arbeitet die CCS-Initiative CharIN, ein Zusammenschluss von Audi, BMW, Daimler, Mennekes, Opel, Phoenix Contact, Porsche, TÜV SÜD und VW, in der High Power Commercial Vehicle Charging Task Force (HPCVC) gegenwärtig an der Hochleistungsladung für elektrische Nutzfahrzeuge mit einer Ladeleistung von 1 bis 3 MW.

Sein von Kufen geschütztes Batteriepaket ist im Fahrzeugboden integriert, was einen Leichtaufbau mit 8,5 t Leergewicht ermöglicht. Foto: Bünnagel

Die Elektromobilität wie hier im Mercedes-Benz eCitaro erfordert viel innovative Technik: große Batteriepakete, Umrichter, Brake-Chopper zur Steuerung des Bremswiderstands, API-Schnittstelle für den DC/DC-Wandler oder die Junction-Box, die Batteriemodule koordiniert. Foto: Bünnagel

Die FlashBattery von StoreDot besitzt ein Elektrolyt aus bioorganischen Peptid-Nanodots. Im Zusammenspiel mit der innovativen Anode und Kathode sollen Fahrzeuge so künftig binnen fünf bis zehn Minuten vollgeladen sein. Foto: StoreDot

Vollladen in fünf Minuten

Eine Technologie könnte noch einen obendrauf setzen und die Elektromobilität revolutionieren: Der israelische Batterieentwickler StoreDot will Fahrzeuge künftig in fünf bis zehn Minuten vollladen können. Die Anode in der „FlashBattery“ ist ganz anders aufgebaut als bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus. Sie besitzt kein Graphit, sondern Metalloide wie Silizium, Zinn und Germanium. Das ist noch nicht alles: Sie kommen zudem in Nanogröße daher und sind zum Schutz bei der Ioneninsertion mit einem organischen Film beschichtet. Das erhöht in Verbindung mit einer hochleitenden, thermisch optimierten Kathode und einem Elektrolyt aus bioorganischen Peptid-Nanodots den Ionentransfer und damit ultraschnelles Laden ohne die Gefahr der gefürchteten Dendritenbildung. Durch den niedrigen Zellwiderstand steht somit die annähernd volle Ladeleistung bis zur Volladung zur Verfügung, ohne dass es zu einer übermäßigen Zellalterung kommt.

Die Ladungsmenge übersteigt mit 4.200 mAh/g diejenige von Zellen mit Graphitanoden wenigstens theoretisch um den Faktor 5 – ein riesiger Unterschied. Gleichzeitig kann eine relativ hohe Energiedichte von 200 bis 240 Wh/kg erreicht werden. Zudem ist man bei StoreDot überzeugt, ca. 1.500 Ladevollzyklen erreichen zu können. Mindestens 450.000 km sollten also über die gesamte Lebensdauer der Batterie so möglich sein.

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