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Alles elektrisch – ist der Dieselbus wirklich schon tot?

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Ein Gastbeitrag von Christian Marquordt, Autor beim Urban Transport Magazine

Der Linienbus

Wer aufmerksam verfolgt, was die Verkehrsunternehmen heute so an Linienbussen bestellen, reibt sich erstaunt die Augen. Man erfährt tatsächlich fast nur noch, dass in irgendeiner Form Busse mit alternativem, elektrischem Antrieb geordert werden. Sei es, dass sie ihren Fahrstrom aus Batterien beziehen, sei es, dass sie sich ihren Fahrstrom in einer Brennstoffzelle selbst herstellen. Von neuen Dieselbussen im Linienverkehr hört man kaum noch. Wenn überhaupt sind sie Hybridbusse, die beim Bremsen und im Gefälle duch Rekuperation elektrische Energie rückgewinnen, die sie in Batterien oder Ultracaps (Ultra-Kondensatoren) speichern und mit der sie dann zum Beispiel beim Anfahren von der nächsten Haltestelle starten. Auch diese Hybridbusse sind also „teilelektrisch“ unterwegs. Die Stadtwerke Bonn setzen fast 60 dieser Hybridbusse ein – bei einer Gesamtflotte von 200 Wagen. Sie sprechen davon, dass die Hybridbusse 14 Prozent weniger Dieselöl verbrauchen.

Und so wundert es nicht, dass erste Bushersteller schon heute keine Linienbusse mit Antrieb durch Verbrennungsmotoren mehr anbieten. Zu nennen sind hier (in alphabetischer Reihenfolge) BYD aus China, Ebusco aus den Niederlanden, Van Hool aus Belgien, VDL wiederum aus den Niederlanden und Yutong aus China.

Auch Daimler Buses (Mercedes und Setra) hat angekündigt, sein Werk in Mannheim im Jahr 2024 zu einer Produktionsstätte umrüsten, in der nur noch Elektrobusse gebaut werden. Das wird mehrere Millionen Euro kosten. Für eine kurze Übergangszeit wird es Diesel-Linienbusse allerdings noch aus dem französischen Werk Ligny-en-Barrois geben.

Im Übrigen arbeitet die Busindustrie daran, ihre Fahrzeuge leichter zu machen, um ihnen so eine größere Reichweite mitzugeben. Gewicht, das nicht da ist und nicht in Bewegung gesetzt werden muss, verbraucht auch keine Energie.

Ein voll-elektrischer Batteriebus des niederländischen Herstellers Ebusco für die Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel (Foto: Christian Marquordt)

Ein voll-elektrischer Batteriebus des niederländischen Herstellers Ebusco für die Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel (Foto: Christian Marquordt)

Was spricht für den batterie-elektrischen Bus?

Für den batterie-elektrischen Bus spricht zunächst, dass es diese Technik inzwischen seit gut fünfzehn Jahren gibt und heute weltweit tausende dieser Busse im Einsatz sind. Die Technik ist nicht nur erprobt, sondern hat sich auch bewährt: niemand lässt sich heute mit einem Batteriebus auf ein Risiko ein.

Zum Teil unterschiedlich sind die Entfernungen, die die Batteriebusse zurücklegen können, bevor sie nachladen müssen. Das hängt zum Beispiel vom verwendeten Batterie-Typ ab, aber auch vom Eigengewicht des Busses. Auch die verwendete Chemie in den Zellen der Batterie spielt durchaus eine Rolle. Zurzeit fahren fast alle Busse mit Lithium-Ionen-Batterien, man forscht aber intensiv an Natrium-Ionen-Akkumulatoren, die eine größere Speicherkapazität haben werden und kurz vor der Marktreife stehen. Zudem forscht die Industrie an so genannten Festkörper-Batterien. Auch sie werden eine größere Speicherkapazität haben. Erste Hersteller von Batteriebussen sprechen schon von Reichweiten von 1.000 Kilometern, die man in absehbarer Zeit realisieren werde. Auf Testfahrten haben Busse von verschiedenen Herstellern schon mehrfach mehr als 500 Kilometer geschafft.

Noch nennen die Bushersteller recht unterschiedliche Reichweiten, die man mit ihren Bussen zurücklegen könne. Das ist nicht zuletzt abhängig von den jeweils verwendeten Batterien. Zudem ist der eine oder andere Hersteller etwas vorsichtiger als seine Konkurrenz, wenn es darum geht, wie weit sein Bus kommt.

Im Anschaffungspreis liegt ein Batteriebus bei etwa dem Anderthalbfachen eines Dieselbusses. Staatliche Förderung ist deshalb unerlässlich.

Wasserstoff-Brennstoffzellenbus des polnischen Herstellers Solaris Bus&Coach Modell Urbino 12 hydrogen im Einsatz beim Regionalverkehr Köln (RVK) (Foto: Christian Marquordt)

Wasserstoff-Brennstoffzellenbus des polnischen Herstellers Solaris Bus&Coach Modell Urbino 12 hydrogen im Einsatz beim Regionalverkehr Köln (RVK) (Foto: Christian Marquordt)

Was spricht für den Bus mit Brennstoffzelle?

Der Bus, der sich seinen Fahrstrom durch die Reaktion von Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Luft selbst herstellt, hat im Vergleich zum Batteriebus im Wesentlichen zwei Vorteile: Da ist zunächst seine Reichweite zu nennen. Er kann, bis er das nächste Mal tanken muss, Entfernungen zurücklegen, von denen der Batteriebus einstweilen doch noch deutlich entfernt ist. Der Wasserstoffbus schafft schon heute einen kompletten Umlauf von der Ausfahrt vom Betriebshof am frühen Morgen bis zur Rückkehr in der späten Nacht, ohne nachladen zu müssen. Zum anderen kann der Brennstoffzellen-Bus in etwa in derselben Zeit betankt werden, in der auch ein Dieselbus betankt wird. Die Hersteller sprechen von rund zehn Minuten.

Schwierig zu beantworten ist die Frage nach den Betriebskosten des Wasserstoffbusses. Das hängt wesentlich davon ab, woher der Wasserstoff kommt, mit dem der Bus fährt. Natürlich ist dieses Gas teurer, wenn es erst durch Elektrolyse hergestellt werden muss. Es gibt aber auch Verkehrsbetriebe, die mit ihren Wasserstoffbussen im Umfeld von chemischen Fabriken unterwegs sind, in denen Wasserstoff als unvermeidbarer „Abfall“ in der Produktion anfällt, den man bislang schlicht durch Abfackeln vernichtet hat. Dieser Wasserstoff ist außerordentlich billig – und im Sinne des Umweltschutzes ist es sinnvoll, diesen Wasserstoff zu nutzen und ihn nicht zu vernichten.

Aber auch wenn der Wasserstoff erst durch Elektrolyse hergestellt werden muss, spricht man allgemein von Kraftstoffkosten, die denen eines Dieselbusses in etwa entsprechen. Als die Regionalverkehr Köln 2011 ihre beiden ersten Wasserstoffbusse in Dienst stellte, sprach man bei ihrer Vorstellung von einem Preis von 33 Cent pro Kilo Wasserstoff.
Im Anschaffungspreis liegen Batterie- und Brennstoffzellenbus zum Teil bereits etwa gleichauf.

Sonderfall: Batteriebus mit Brennstoffzelle als Range-Extender

Da die Reichweite von Batteriebussen einstweilen noch nicht unbegrenzt ist, wird auch die Kombination von Batterie und Brennstoffzelle angeboten. Der Bus fährt immer mit dem Strom aus seinen Batterien, die ihrerseits permanent aus der Brennstoffzelle nachgeladen werden. Das verschafft so einem Bus immerhin eine Reichweite von rund 400 Kilometern. Ein Beispiel für dieses Antriebssystem ist der Mercedes-Benz eCitaro REX, der kürzlich vorgestellt wurde.

Der Reisebus

Ganz anders sieht es noch beim Reisebus aus. Er kehrt nicht täglich auf seinen Betriebshof zurück und kommt nicht immer an einer möglichen Nachladestation auf seiner Strecke vorbei. Auch genügen die aktuellen Reichweiten der Elektroantriebe auf der Reise, und zwar speziell auf der Fernreise, noch nicht. Hier hat der Dieselmotor zurzeit noch eine Chance. Aber erste Batteriehersteller kündigen schon heute Batterie-Reichweiten von 1.000 Kilometern an. Weshalb man die Prognose wagen darf: Auch im Reisebus hat der Dieselmotor nicht mehr wirklich eine Zukunft.

Diesel-Reisebus der Marke Setra vom Darmstädter Verkehrsunternehmen HEAG mobilo im Liniendienst am Flughafen Frankfurt (Foto: Dirk Budach)

Diesel-Reisebus der Marke Setra vom Darmstädter Verkehrsunternehmen HEAG mobilo im Liniendienst am Flughafen Frankfurt (Foto: Dirk Budach)

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